Indonesien, Singapur, Malaysia

Alfred: „Also dieses Tier habe ich hier am wenigsten erwartet.“ Das interessierte den Flughund aber wenig, er wollte gleich in die dunklen Kajüten – unglücklicherweise stand Kilian im Weg und bekam einen Kratzer ab. Während wir also noch diskutierten, was wir mit unserem neuen Reisegefährten anstellen sollten, wurden wir in der Funkrunde von einem gefährlichen Virus gewarnt, den die Tiere in sich tragen. Entwarnung kam dann Gott sei Dank von Tropenmediziner Stephan (SY Mimpi Manis) aus Isen, da es sich nur um einen Kratzer handelte. Dem kleinen Kerl war das alles ziemlich egal und schließlich hängte er sich ans Steuerrad und beäugte uns neugierig und immer weniger scheu beim Frühstücken im Cockpit. Die vielen Parasiten und Spinnen in seinem Fell sowie die mögliche Tollwut- und Virengefahr bewogen uns dann doch, ihn wieder ins Weite zu befördern sprich: Er musste wieder nach Hause fliegen.

28. September 2007 – Saumlaki, Yamdena, Tanimbar Islands. Asien, wir sind da. Auf der Suche nach einem Ankerplatz setzen wir die „Verena“ fast auf Land. Alfred legt gerade noch rechtzeitig den Rückwärtsgang ein. Schließlich liegen wir sicher auf gut 20 m. Generator an, Spiegeleier in die Pfanne – alle freuen sich auf ein gutes Frühstück. Doch daraus soll nichts werden. Health Officer Isak kommt mit dem Dolmetscher Mathias an Bord. Isak lässt sich von Steffie durchs Boot führen und untersucht die diversen Schränke. Wir wissen bereits von seiner Vorliebe für eine Flasche Whiskey und stellen diese parat. Doch so billig sollen wir nicht davon kommen. Nachteil der Schiffsgröße vermutlich. Nach zähen Verhandlungen von 100 auf 30 Dollar und einem T-Shirt ist er zufrieden. Dem Hafenmeister  reicht dagegen eine Kopie der Ausklarierungsbescheinigung von PNG, so geht es also auch.

Mathias fungiert für etwa 30 Euro 2 Tage lang als unser Guide. Wir fahren zu einer Palmschnapps-Distillerie und zu einem Schnitzer-Dorf. Anschließend gehen wir auf den Markt und essen unser erstes Nasi Goreng. Überall treffen wir auf freundliche Menschen, viele zücken ihr Foto-Handy. Unsere Kinder sind das Objekt der Begierde. Einheimische Frauen lassen sich mit ihnen fotografieren, sie streichen über ihre Haare, streicheln ihre Haut, eine Frau füttert Isabell und Kilian mit Erdnüssen und kann sich gar nicht mehr trennen. Später, in Flores, erklärt uns Pater Heinrich warum: Alle Puppen seien hier europäisch. Unsere Kinder werden also als lebendige Puppen gesehen, na wunderbar.

3. Oktober 2007 – Nächster Stopp: Flores. Dank freundlicher Segler-Freunde bekommen wir Listen mit möglichen Ankerplätzen, und die benötigen wir auch, denn die bislang verfügbaren Guides sind das Wahre nicht. Flexibel muss man sein, denn die Ankergründe sind momentan nicht so berauschend. Von 100 m geht es steil aufwärts, die 25 m sind für uns zu nahe am Strand, dort wo es ginge, dafür reichen unsere Landleinen nicht – wir brechen drei Ankerversuche an drei verschiedenen Stellen ab und entscheiden uns, direkt zum Sea World Club in Flores zu fahren. Vor uns waren viele Boote der Sail Indonesia da. Segler sind willkommene Gäste in dem von einem Missionar geführten kleinen Hotel mit Tauchstation (www.sea-world-club.com). Wir ankern (so nahe am Strand wie selten) und gehen erst einmal lecker essen. Die Kinder schwelgen im Pfannkuchen-Himmel und Kilian ernährt sich die nächsten Tage fast nur noch von Bananen- oder Ananas-Pfannkuchen. An einem der nächsten Tage wollen wir die übliche Touristentour unternehmen: Hoch zu den drei Kraterseen und dann über ein Dorf von Ikat-Webern ( Ikat = schön gewebte Tücher und Sarongs) zurück. Damit sollte dann Flores abgehakt sein.

Foto: Zumindest Anna machte die Tour zu den Kraterseen – wir begnügen uns mit ihren Fotos.

Steffie wird plötzlich krank. Der Verdacht liegt nahe: Lebensmittelvergiftung – vermutlich eingefangen in Saumlaki. Alfred will sie an Land bringen, doch sie entscheidet sich dagegen. Sie bricht vor der Bordtoilette zusammen, dass Alfred den Transport ins Hospital anordnet. Steffies gequälter Magen zieht sich bei dem Gedanken noch mehr zusammen, doch es gibt keine Alternative. Lippen blau, Finger blutleer – das ist zu gefährlich. So wird sie in einen Rattanstuhl gesetzt und auf der Ladefläche eines Lastwagens ins Krankenhaus gefahren. Welch‘ eine Überraschung im St. Gabriel Hospital, Kewapante: Einzelzimmer mit eigenem Badezimmer, schönes Bett mit Blümchen-Bezug, Ventilator und alles super sauber, sauberer wie so manches Zuhause. Steffie fällt in ihre Kissen und schlummert sich über drei Tage gesund, während Alfred, Anna und die Kinder bei Pater Heinrich, dem Betreiber des Sea World Club, zum Sundowner eingeladen sind. Täglich halten die englischsprechenden Schwestern, Elfriede und Elisabeth, einen Schwatz mit ihr, die anderen bemühen sich, Steffie indonesisch beizubringen. Das ist auch nötig. Was heißt Salzkartoffeln auf indonesisch? Manchmal könnte man das Computerzeitalter verteufeln. Der Sprachkurs befindet sich natürlich auf dem Laptop an Bord. Um so größer die Überraschung, als das gewünschte Essen unter dem Grinsen der Köchin serviert wird.

Flores ist Malaria-Hochgebiet. Die Einheimischen betrachten die Krankheit aber als wiederkehrendes Übel. Panisch seien nur die Europäer, sagen sie uns. Die deutsche Schwester Revokata, die seit 50 Jahren hier ist, hat sich auf die alten Heilmittel der Naturvölker spezialisiert. Wir sind absolut beeindruckt von ihrer kleinen Praxis-Apotheke neben dem Hospital und ärgern uns wieder einmal, dass wir den Fotoapparat nicht dabei haben. Vorne wird die Medizin verkauft, hinten sitzen etwa zehn Leute am Boden, verpacken die Medizin und kleben Zettel auf die Flaschen. Feinsäuberlich in Pillenkapseln abgefüllt gibt es Malaria-Medizin aus der Natur, für Kinder und Erwachsene. Sie wird im Krankenhaus erfolgreich eingesetzt, sagt man uns. Wir decken uns damit ein.

Mit Kartons voller Früchte verabschieden uns die Schwestern. Sr. Edfriede und Sr. Elisabeth begleiten uns. Sie steigen mutig ins Dinghy und fahren zum ersten Mal in ihrem Leben auf ein Segelboot. Warum? Sie konnten sich nicht vorstellen, dass man auf einem Boot leben kann, sagt uns Sr. Edfriede. Wir haben sie hoffentlich überzeugt.

14. Oktober 2007 – Die Drachen kommen! Rinca ist neben Komodo die Heimat der Komodo Warane, die es wohl nur hier, auf einer kleinen Insel dazwischen und am westlichen Ufer von Flores gibt. Wir sind schon gespannt auf die „Urviecher“, die lt. Lonely Planet Guide nicht von den Dinosauriern abstammen.

Foto: Der ist echt und hoffentlich nicht hungrig – Rincas Inselportier.

Wir finden, die Warane sehen aus wie ein Krokodil-Schlangen-Wolperdinger. Nach 5 min erreichen wir das Camp. Zuerst wird bezahlt, nach einem kühlen Bintang-Bier (lecker!) machen wir uns mit Guide auf die 2stündige Tour. Die Guides tragen lange, gegabelte Stangen. Damit halten sie angeblich die Warane auf Distanz. Ausprobieren wollen wir es allerdings nicht, ob die Methode funktioniert. Schon am Weg liegt der erste, kleine Waran. Nach gut der Hälfte landen wir an einem Wasserloch. Uns begrüßt der aufgenagelte Schädel eines Wasserbüffels. Gut 6 bis 7 lebende Exemplare liegen wenige Meter von uns entfernt in einem schwarzen Schlammloch, und um sie herum mehrere Komodo Warane – und zwei Filmer von der BBC. Sie harren seit 3 Wochen auf den Tag X – zusammen mit den Waranen.

Der Tag X, das ist der Tag, wenn einer der Büffel stirbt. Die Warane greifen die Büffel an, beissen sie und warten dann. Die Wunden entzünden sich und führen über einige Wochen hinweg zum ziemlich sicheren Tod. Zwei der Büffel leiden derzeit ziemlich, einer wird wohl nur noch wenige Tage durchhalten. Die Warane müssen also nur eins: Warten. Das tun sie auch. Gemütlich liegen sie um die Büffel herum und betrachten ihr künftiges Mahl. Wir müssen leider weiter, ansonsten könnten wir ein seltenes Naturschauspiel erleben. Könnte man den armen Büffel nicht einfach erschießen? fragen wir uns – zugunsten der Filmer, die dann ihren Dreh beenden könnten und auch zugunsten der Warane, die früher an ihr Abendessen kämen? Doch vermutlich ist es nur unser eigenes schlechtes Gewissen gegenüber dem Büffel, der sichtlich leidet – es ist eher positiv, dass hier kein Eingriff in die Natur vorgenommen wird. Doch die Rindviecher sind wohl tatsächlich so dumm, wie es ihnen immer nachgesagt wird. Sie liegen wiederkäuend im Schlamm, unbeeindruckt von den Waranen neben ihnen. „Denen ist das oft egal“, erklärt uns ein Guide, als wir ihn fragen, warum sich die Büffel so einfach beissen lassen.

Am letzten Tag verzichten wir auf einen Spaziergang. Alfred und Anna besteigen kurz den nächsten Hügel, geben aber Fersengeld, als ihnen links ein Wildschwein und rechts ein großer Waran entgegenkommen. Für die Warane sind Schweine Fast-Food, das wie die Affen sofort im ganzen verzehrt wird. Sie geben nicht klein bei, sondern schreien laut um Hilfe. Sofort kommt die ganze Schweinefamilie und kämpft um das Opfer.

Steffie, Kilian und Isabell bleiben derweil lieber im kleinen Cafe/Kiosk sitzen und spielen „Schiffe versenken“. Das komische Spiel mit den Kästchen und Kreuzchen interessiert auch die Ranger, die wohl auf der Suche nach einer Freizeitbeschäftigung für die touristenarmen Zeiten sind. So beenden wir unseren Aufenthalt auf Rinca damit, den Rangern „Schiffe versenken“ beizubringen.   

Rinca: Alfred spielt gegen einen Ranger Schiffe versenken

29. Oktober 2007 – Bali und seine zwei Gesichter, so könnte man unsere Erfahrung hier beschreiben. Zuerst die Bali Marina und Umgebung. Starke Kontraste scheinen hier an der Tagesordnung zu sein. Die Stege wackelig und das Wasser voller Müll auf der einen Seite, ein schniekes Marina-Restaurant auf der anderen – so empfängt uns die Urlauber-Insel. Das „andere“ Indonesien, wie wir immer wieder hören. Sogar Langschläferin Steffie kommt um kurz nach 7 aus den Federn, wenn unser nur ca. 15 m entfernter Nachbar von den Bali Hai Cruises seine Motoren anschmeisst und uns die Auspuffgase ins Kojenfenster drückt. Morgens und abends, nebenbei bemerkt, wenn laut töndend mit Deep Purples „Smoke on the Water“ eingeparkt wird. Wirklich ein treffender Song. Die Gäst an Bord denken wahrscheinlich, der Rauch ist Effekt. Ein guter Kaffee, Spiegeleier mit Speck, Früchte und frisch gebackene Croissants für wenige Euro heben dann allerdings die Laune wieder.   Solange wir nicht nach draussen fahren. Entlang der Straße liegen die Grünbereiche und Mangroven voller Müll – für uns, zugegebener Maßen, noch gewöhnungsbedürftig. Bis dato können wir nicht verstehen, was „die Leute“ an Bali finden.

Das zweite Gesicht sehen wir dann erstmals in Kuta, dem Touristenviertel. Manche Touris sind wirklich kein Anblick, aber die kleinen Pferdedroschken, Warungs (Garküchen) und Shops, Balinesen auf Motorbikes etc. Das Gesamtbild hat einen gewissen Charme. Noch besser wird es, als wir für vier Nächte nach Ubud fahren. Auf dem Weg passieren wir Reisfelder, und pausenlos Souvenir-Shops. Wir überzeugen unseren Fahrer, dass wir wirklich kein Interesse daran haben, das 100tausendste Schnitzwerk oder den 20ten Sarong zu erwerben und schaffen es ohne Stopp nach Ubud. Mitten im Inselinneren wollen wir uns für einige Tage im Spa mit balinesischen Massagen verwöhnen lassen und Ausflüge machen. Alles ist grün und wir finden, einfach schön. Wenn das Auge über die Reisterrassen oder das Flussufer schweift, bekommen wir ein anderes Bali-Bild präsentiert.

Reisterrasse in der Nähe von Ubud, Bali

Wir besuchen zwei der vielen Tempel (Anm. jedes Haus hier hat einen Tempel = ganz Bali ist ein Tempel). Wir bewältigen die vielen Touristenshops am Ausgang des einen, und erhalten einen hinduistischen Segen am anderen. Während Bella – wieder einmal die Attraktion unter den balinesischen Müttern und Töchtern – zusammen mit Steffie eingeladen werden, auf einem der vielen Bambus-Raststätten Platz zu nehmen, sprechen Anna und Alfred mit den Priestern oder Würdenträgern im Tempel. Die nächsten Tage fahren wir auch ins Touri-Edelviertel Nusa Dua zum Sushi-Essen. Ein Luxus-Hotel reiht sich in dieser parkähnlichen Enklave an das andere. Hier, das könnte überall sein. Nur anhand der vielen Statuen erkennt man, wir sind in Bali. Alles ist sauber – ein Touristen-Kokon. Wer hierher kommt, hat sicher ein anderes Bild und auch wir versöhnen uns durch den gemilderten Gesamteindruck.

Allerdings, wie üblich, entscheiden wir: Es ist Zeit zum Gehen bzw. Weitersegeln. Non-Stop wollen wir die gut 1000 Seemeilen nach Singapur in die berühmte Raffles Marina bewältigen. Dem Hörensagen zufolge soll es ein Luxushotel für Segler sein. Die Zeitung wird morgens ans Boot gebracht (Anm.: hoffentlich auch frische Croissants), es gibt ein Kino, einen großen Swimming-Pool, eine Kegelbahn und einen Billard-Raum. Das zur Unterhaltung der Kinder. Für den Skipper gibt es wohl alle wichtigen Reparatur-Einheiten vor Ort.

4. November 2007 – Eigentlich sind wir gar nicht, wo wir jetzt sind bzw. wir sollten es nicht sein und sind es doch. Auf dem schnellsten Weg nach Singapur sollte es gehen. Sogar die Orang-Utans in Kumei lassen wir aus – irgendwie erscheint es uns zu schade, das interessante Borneo (Kalimantan) in zwei Tagen mit einer Bootstour abzuhandeln. Ausserdem ist die Malariamücke hier sehr präsent, darauf legen wir auch keinen Wert. Vermutlich ist es ein Fehler. Alle Segler, die dort waren, sind begeistert und nennen Kumei als eines ihrer Tourhöhepunkte. Aber wir üben uns im Verzicht. Mit fünf deutschsprachigen Booten machen wir uns fast gleichzeitig auf den Weg Richtung Nordhalbkugel. Wir vereinbaren einen kleinen Stopp auf Pulau Raas, also nur eine Nachtfahrt von Bali entfernt. Auf dem Weg dorthin sehen wir von See aus ein anderes Bali, bergig, grün. Hunderte von Outrigger-Kanus kreuzen das Meer Richtung Lombok. Wir wüssten gerne, warum. Die lt. Seekarte verlockende Bucht auf Raas – 14 m Wassertiefe überall – wir träumen von türkisem Wasser – erweist sich erstmal als Enttäuschung. Riesengroß und vor allem: Nur im Eingang hat es 10 bis 14 m. Ansonsten sind es gut über 20 m. Wir suchen und suchen nach einem passenden Ankerplatz. Als Alfred neben sich die Korallen-Bommies sieht, entscheidet er sich zum Rückzug. Fast hätten wir uns draufgesetzt. Überhaupt könnte man die kommenden Tage als Versuch „wie nahe schaffe ich es zu den Korallen ohne aufzusitzen“ werten.

Die anderen 5 Boote trudeln nach und nach ein. Andi und Rudi von der „Uhuru“ macht bei uns fest, Ankern auf 22m ist für ihr Boot einfach zu tief. Die Belohnung: Klares, grünes Wasser ohne Müll. Wir genießen unser erstes richtiges Bad in indonesischen Gewässern. 30 Grad Wassertemperatur machen es nicht gerade zu einer Erfrischung, aber wir wollen nicht klagen. Klagen tun wir nur über die heissen Nächte, die uns um den Schlaf bringen.

Eiskalte Bierlieferung an die Uhuru beim Vorbeifahren

Wir bleiben zwei Nächte in Pulau Raas und segeln zusammen mit „Phoenix“ und „Uhuru“ weiter. Wieder ein Stopp wird vereinbart. Bawean heisst die Insel zwischen Java und Kalimantan (Borneo). Es sollte nur ein kurzer Zwischenhalt werden. Wer hätte gedacht, dass wir hier (05°43,80 S/112°40,11E) auf ein Highlight unserer Indonesien-Reise stoßen. Wir ankern auf gemütlichen 8 m in Sand, wieder einmal in klarem Wasser. An Land für indonesische Verhältnisse wenig Müll. Kaum an Land bekommen wir eine Lektion in indonesischer Gastfreundschaft. Kilian hat Fieber und wir suchen einen Arzt. Den findet Alfred im nächsten Dorf und er kommt aufs Boot. Geld für die Untersuchung? Davon will er nichts wissen. Er schickt uns zudem nach Sangkapura für einen Malaria-Test – nur zur Sicherheit. Die Taxifahrt dorthin ist ein optisches Vergnügen. Bewirtschaftete Felder, grüne Berge – wir fühlen uns etwas an die Südsee erinnert, wenn wir in die Berge blicken. Der junge Arzt im islamischen Krankenhaus von Sangkapura, direkt neben der Moschee, gibt uns Entwarnung – keine Malaria – dafür aber Magentabletten für Kilian, die ihm auch bald helfen. Wieder einmal wird eine Bezahlung abgelehnt. Wir verquasseln uns noch mit einem Seemann, der normalerweise in Rotterdam lebt und nur wenige Monate im Jahr hierher nach Hause kommt und fahren los. Unser Taxifahrer ist schon etwas unruhig und bald wissen wir warum. Plötzlich stoppt er neben einer Moschee, steigt aus, betet und kommt wieder. Fünf Minuten später fahren wir weiter – er relaxt und wir erstaunt. Die Menschen von Bawean sind sehr gläubige Muslime, in einer positiven, nicht fanatischen Art. Wir fühlen uns wohl und keineswegs  fremd oder nicht akzeptiert. Eher im Gegenteil. Die Freundlichkeit ist überwältigend.

Isabell hat in einer Großmutter vom Ort eine Bewunderin gefunden. Sobald sie Bella erblickt, kommt sie und weicht ihr nicht mehr von der Seite. Wir werden auf die Terrasse eingeladen und kiloweise mit Früchten überhäuft, Mangos, Bananen und welche, die wir erst kennenlernen müssen. Es ist keine reiche Familie und für fühlen uns etwas beklemmt, dass sie uns so mit Früchten beschenken, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Unser schlechtes Gewissen weicht erst, als wir sehen, wie sie sich über die Kinderkleidung und die T-Shirts freuen, die wir ihnen zum Abschied schenken. Wir bleiben zusammen mit Albert und Monika von der „Phoenix“ und Andi und Rudi von der „Uhuru“ zwei Nächte. Alfred leiht sich ein Motorbike aus und erkundet die Insel und landet schließlich in einer Art Kneipe mit Billardtisch am Strand, wo er mit den jungen Männern Billard spielt. Tags darauf organisiert Alfred ein Auto – das nicht kommt. Als wir die Hoffnung schon aufgegeben haben, zeigt sich wieder indonesisches Organisationstalent und wir finden jemanden, der uns zum See ins Inselinnere fährt. Es ist der Treffpunkt der einheimischen Jugend und für Steffie das erste Mal, dass sie in voller Bekleidung mit Sarong und T-Shirt schwimmt bzw. plantscht.

Baweans Jugend schwimmt in voller Montur

Das Schwimmen im Süßwasser ist herrlich, nur der Müll am Ufer trübt hier das Bild. Wir sitzen noch lange in dem kleinen Kiosk am Ort, bis uns der Durst nach kaltem Bier aufs Boot lockt. Bier gibt es auf der ganzen Insel nicht, dafür aber Whiskey wie Alfred nach seinem Kneipen-Besuch zu erzählen weiß.

Bunte Fischerboote in Bawean und ein typischer Monsoon-Regenguss

9. November 2007 – So wenig Wind hatten wir noch nie. Von Bawean fahren wir nach Serutu. Dort soll es Diesel geben. Nicht nur wir, auch Uhuru und Phoenix benötigen Sprit. 200 Liter könnten wir haben, zum Apothekenpreis von 10.000 Rupia anstelle der üblichen 5.000. Zum einen müssen die Fischer zu einer anderen Insel zum Auffüllen ihrer Bestände. Zum anderen kennen sie die Gesetze von Angebot und Nachfrage, sprich: die Not der Segler. Wohl keiner rechnet mit soooo wenig Wind. Steffie ist zuerst wenig begeistert von der Bevölkerung Serutus, einem kleinen Fischerdorf aus Holzhütten auf Stelzen. Die Frauen kommen und möchten alles, was wir am Leibe tragen: Haarspangen, Nagellack, Kleidung, Sarongs, Ringe, etc. Einerseits verständlich und wichtige Sachen zum Leben, z.B. Kinderkleidung und auch Shampoo, geben wir gerne. Vermutlich kennen sie einfach nicht den Unterschied zwischen Dingen, die für uns wertvoll und weniger wertvoll sind. Und fragen kostet schließlich nichts. An Land werden die Erlebnisse positiver. Die Frauen, denen wir die Kinderkleidung gaben, laden uns zum Tee in ihr Haus ein, alle sind freundlich und gebettelt wird nicht mehr.

Anna, Bella und Alfred mit der Kinderschar von Serutu

Zwei Tage später – mit nur 60 l Diesel mehr – fahren wir nach Singapur. Wieder erwarten bekommen wir Wind, der geplante Tank-Stopp in Bintan kann ausfallen und wir gehen in einer Nachtfahrt durch die Straße von Singapur direkt zur Raffles Marina.

12. bis 23. November 2007 – Nach der aufregenden Nachtfahrt durch die Straße von Singapur genießen wir die Zeit in der Raffles Marina, die 2007 zur besten Marina Asiens gekürt wurde. Wohl gerade noch rechtzeitig. Mittlerweile wird in Seglerkreisen die 0°15 auf Sentosa höher gehandelt, doch ist sie noch nicht komplett fertig und wir wollten kein Risiko eingehen. Die Flamenco Marina in Panama mit ihren teilweise noch unfertigen Stegen ist uns noch gut in Erinnerung. Ausserdem gibt es wohl noch keine Reparaturmöglichkeiten und keinen Marine-Shop. So entscheiden wir uns für das Bewährte und liegen nicht falsch.

Swimmingpool der Raffles Marina und – der rote Punkt – unsere Kids

Wir fahren nachts östlich in das Verkehrstrennungsgebiet ein – quasi die Autobahn für die Großschifffahrt. Eine der meist befahrenen Wasserstraßen weltweit. Wir finden eine Lücke und kreuzen die Schifffahrtsstraße mit Vollgas. Neben uns, hinter uns und auch seitlich von uns (vor Anker) liegen die großen Pötte. Die Tanker haben Riesenmaße. Wieder einmal sind wir froh über unser Radar. Man erkennt leichter den Abstand und die Geschwindigkeit – vor allem nachts. Zudem fahren wir doppelte Schicht, es sind also immer zwei wach.

In Singapur regiert der bedeckte Himmel – jedenfalls die meiste Zeit. Nahezu täglich prasseln Regenschauer nieder und Steffie und Anna  beeilen sich, die Wäsche rechtzeitig ins Boot zu bringen. Alfred schwitzt im Motorraum bei gut 40 Grad, als er das Boiler-Thermostat wechselt. Abends treffen wir uns mit den Crews von Uhuru, Phoenix und Makani, die nach und nach eintrafen, im Pub zu Weißbier (endlich wieder!) und Wein. Die Kids genießen den Pool, die Bowling-Bahn und den Computerspiele-Raum.

Singapur gefällt uns, die Stadt ist sauber, aber nicht rein, um eine alte Waschmittelwerbung zu zitieren. Die Leute sind freundlich und die bunte Mixtur von Inderinnen in traditionellen Gewändern, jungen Chinesen und Singaporeans (oder wie sie heißen) mit poppigem Haarschnitt und Handy im Dauertalk, dezent gekleideten Muslimen und ein paar Europäern gefällt uns. Essen könnte man pausenlos und die Wahl fällt schwer zwischen den vielen kleinen Restaurants und Imbissbuden in den Einkaufszentren. Natürlich steht der Besuch im Zoo auf dem Programm. Wir wollen wissen, ob sein Ruf, der beste der Welt zu sein, auf gutes Marketing beruht oder tatsächlich gerechtfertigt ist.

Gilt der Stinkefinger mir? Das fragte sich die Fotografin.

Man fühlt sich, als ob man durch den Regenwald läuft. Orang-Utans schwingen sich über unseren Köpfen durch die Bäume, Elefanten manchen eine Show und die weißen Tiger spielen mit ihrem Ball. Bei einer Riesenschlage mit einem Kopf in der Größe eines Tellers und einem Durchmesser von gut 15 bis 20 cm sind wir froh, dass sie hinter Glas liegt. Nur die Komodo-Warane sind nicht zu sehen. Gut, dass wir diese Spezies schon in Rinca ausgiebig besichtigt haben.

25. November 2007 – Wieder einmal kein Wind, und wenn, dann direkt von vorn. Malaysia empfängt uns also nicht als seglerfreundliches Land, zumindest was die Winde betrifft. Unsere Nachtfahrten sind problemlos, obwohl, manchmal kommen wir uns vor wie Nemo, als er durch den Quallenschwarm schwamm – Fischer links, Fischer rechts. Zwei versuchen unseren Bug zu queren, möglichst knapp, damit die bösen Geister auf unser Schiff überspringen. Uns ist das Risiko zu groß, dass sie unsere Geschwindigkeit unterschätzen und wir sie rammen. Sie sind hartnäckig und lassen sich auch von 90° Manövern nur mühsam abschütteln. Doch wir gewinnen, die bösen Geister bleiben, wo sie waren.

27. November 2007 – Landfall in Langkawi. Wir ankern in mondheller Nacht in der Südbucht von Pulau Singar Besar, einer netten kleinen Insel. Nachts um eins fallen wir müde in die Betten. Der Ankerplatz ist ruhig auf moderater Tiefe von 9 m. Am nächsten Morgen geht es weiter zum Royal Langkawi Yachtclub, Kuah.

Am Morgen sahen wir, wo wir geankert hatten. Eine schöne Kulisse, leider unter trübem Himmel

1. Dezember 2007 – Wir verlegen uns vom Royal Langkawi Yacht Club in die Telaga Harbour Marina im Nordwesten der Insel. Wir haben sie auf unserer Sightseeing-Tour mit dem Moped entdeckt und sind begeistert. Zunächst genießen wir aber noch die Nähe zu Kuah mit seinen kleinen Restaurants. Unser Favorit ist der Wonderland Foodstore. Für gut 15 Euro gibt es für uns fünf ein überreichliches und absolut leckeres Abendessen. Ausserdem stocken wir unseren Biervorrat auf, denn die Versorgungsmöglichkeiten für Bier und Wein werden, je näher wir dem Roten Meer kommen, immer schlechter.

Foto: In München geht es das Isar-Hochufer entlang zum Biergarten. In Langkawi spazieren wir auf Stegen durch den Mangroven-Wald zum Thai-Restaurant. Ob Paulaner oder Tiger, am Ende zählt nur ein Lohn: Das kühle Bier.

6. Dezember 2007 – Die fünf Tage in Telaga Harbour vergehen wie im Flug. Wir können zum ersten Mal in Langkawi am Strand neben der Marina schwimmen gehen, in sauberem, wenn auch trübem Wasser. Während die Kinder im interaktiven Spielzimmer der Marina toben, steigen die Eltern über 300 Treppenstufen zu den 7 Brunnen hinauf – die Wasserlöcher in Stein laden zum Baden ein. Direkt darunter donnert der Wasserfall ins Tal. Alfred tut noch mehr für die Fitness und rennt den Berg hinauf zur Bergstation der Seilbahn. Abends stehen immer schwere Entscheidungen an: Ist uns nach Tapas, nach italienisch, russisch, chinesisch, Steak oder arabisch? Die Auswahl an Lokalen lässt wenig Wünsche offen. Allerdings ist die Qualität nicht überall gleich gut und wir bleiben meist bei Tapas-Bar und Italiener. Die von einem Österreicher geführte Tapas-Bar schenkt auch Weißbier aus und wir sind glücklich. Die Ankerdichte erinnert uns hier übrigens stark ans Mittelmeer, der Blick auf die Berge etwas an die Südsee.