Neukaledonien und Papua Neuguinea

19. Juli 2007: Wir sind in Nouméa, der Hauptstadt von Neukaledonien. Erster Eindruck: Nicht so laut und so viel Verkehr wie in Papeete, die Menschen – von Behörden über Marina-Mitarbeiter bis zum Passanten – sind sehr freundlich, die Marina Port Moselle ist gut geführt, die naheliegende Bar/Brasserie empfehlenswert, die Markthalle mit Fisch- und Gemüsemarkt und leckeren Croissants nur 5 Fußminuten entfernt in Sichtweite, nur das Hafenwasser stinkt oft grauenvoll. Während wir diese Zeilen schreiben tönt neben uns Hans Albers aus dem Lautsprecher eines befreundeten Bootes (auch in Cuxhaven registriert) zu uns herüber. Die ebenfalls in Cuxhaven registrierte „Spirit of Adventure“ mit Peter, den wir seit Tahiti und Auckland kennen, kam zufällig wenige Stunden vor uns hier an und nun liegen wir Heck an Heck am Pier.

Die Überfahrt von NZ hätte zumindest die ersten Tage gemütlicher sein können. Teilweise schaukelten uns noch 4 bis 5 m Schwell – Überbleibsel des starken Windes – hin und her. Doch täglich wurde es besser. Doch es wäre nicht normal, wenn nicht etwas kaputt ginge. Unsere Rigger meinten wohl, ein simpler Knoten anstelle eines seemännischen passenden tut es auch, um die Leine zum hydraulischen Herausziehen des Unterlieks im Baum zu befestigen. Kurzum: Die Leine riss, wir konnten kein Groß mehr setzen und hatten darüber hinaus das Problem, wie wir die Leinenkonstruktion über mehrere Umlenkrollen im geschlossenen Baum wieder hinbekommen sollen. Für Alfred stand also nach dem Ankommen das bekannte Reparieren auf dem Programm – irgendwie scheint es ihm nicht vergönnt, von unseren Zielen recht viel mehr als unsere Liegeplatz zu sehen. Seine Bemühungen waren jedoch von Erfolg gekrönt. 

12. August 2007:  Die Iles des Pines war eines unserer Highlights auf der Reise. Sicher, die Insel ist nicht vergleichbar mit der einmaligen Atmosphäre von Galapagos oder den Marquesas, auch nicht mit den einsamen Atollen von den Tuamotus oder den Kuna-Indios von San Blas, aber sie bietet eine ideale Kombination: langer, weißer Sandstrand & türkises, klares Wasser & freundliche Melanesier & Minimal-Tourismus, was bedeutet: ein paar Möglichkeiten für einen Auswärts-Drink, ein leckeres Restaurant im wenig gebuchten Oure Resort, wenig Leute am Strand, Claudias Lieferservice von frischem Brot (Boot „Ganesh“) und fünf Fußminuten weg die Traumbucht schlechthin.

Für dieses Foto der Baie de Kanuméra zitiere ich nur Egon v. d. „Ganesh“: „Wenn man dort ankert, muss man nach einer Zeit wieder weg. Es ist so schön, das hält man nicht aus.“

So vergehen die Tage gemäß dem Motto „another day in paradise“….bis plötzlich lautes Kreischen Alfred und Steffie aufschreckt. Anna, Isabell und Kilian stehen aussen am Rumpf des Bootes auf der Scheuerleiste und schreien. Ein Blick ins darunterliegende Dinghy und der Grund wird klar. Eine kleine, etwa 40 cm lange weiß-schwarz geringelte Seeschlange (eine der giftigsten der Welt) hat es sich dort gemütlich gemacht. Kilian war schon drin, aber logischerweise schnell wieder draussen. Alfred schmiss sie dann ins Wasser. Die Schlangen sind absolut unaggressiv und beissen normalerweise nicht. Leider war aber unser Schreck so groß, dass wir nicht daran dachten, die Szene zu fotografieren.

Warten aufs Kreuzfahrtschiff für die Folklore Show

Ansonsten fällt uns auf, dass wir erstaunlich viele deutsche Segler treffen. Einmal waren es in der Baie de Kuto (Iles des Pines) von 11 Booten: 5 deutsche, 1 österreichisches, 1 schweizerisches….. In der Marina Nouméa und den umliegenden Ankerplätzen sollen es Hörensagen zufolge gar 12 deutsche Boote sein. Übrigens alles Langzeit-Segler, zwischen fünf und zwanzig Jahren unterwegs. Sie sind oft schon mehrere Jahre hier. Selbst wenn es nur die Hälfte sein sollte, stellt sich die Frage nach dem Warum? Für uns ist die Antwort klar: Das Klima ist schön erträglich, der Wechsel nach Australien während der Zyklonsaison nicht weit und es ist quasi die letzte Station im Pazifik. Neukaledonien Richtung Westen verlassen heißt: Bye, bye Südsee!! Wer trennt sich schon gerne von hier.

14.8.07 – Überfahrt in die Louisiaden

„Ich bin immer wieder froh, wenn wir lossegeln. Ich freue mich aber auch immer aufs Ankommen“, zitieren wir mal unseren Skipper. Die Zeit dazwischen hat ihre schönen und weniger schönen Momente. Letzteres überwiegt auf der Passage von Neukaledonien nach Papua Neuguinea. Kurz vor den Chesterfield Inseln, die wir uns auf dem Weg nach PNG (Papua Neuguinea) noch ansehen wollten, hat sich unsere Genua an der Rollanlage oben am Mast so verhakt, dass sie sich nicht mehr einrollen lässt. Zwangsweise segeln wir also mit dem halben Tuch, ein ungutes Gefühl bei Winden von 25-30 Knoten, ziemlichem Schwell und in mitten der diversen Untiefen des Chesterfield Riffs. Selbst back-stehend machen wir noch gut 3 kn Fahrt. Wir entscheiden wir uns weiterzufahren in sicherere Gewässer mit mehr Manövriermöglichkeit, bis hoffentlich Wind und Schwell soweit nachlassen, dass Alfred den Mast hochklettern und das Problem beheben kann. Der Schwell bleibt, aber wir schaffen es bei weniger Wind die Genua manuell einzurollen und notdürftig festzusetzen. Doch kaum mäßig erleichtert hängen einige Schrauben nur noch lose am Lümmelbeschlag des Großbaums und damit ein mehrere hundert Kilo schwerer Baum drohend über uns. „Kiwi-Work“ meint Alfred lakonisch, als er die bei der Montage des Riggs einfach nicht genügend festgedrehte Fixierungsschraube als Ursache erkennt.

22.8.07 – Der Anker fällt

Hallo, Louisiaden, hier sind wir. Große Erwartungen prägen unsere Ankunft. Anna, die uns derzeit begleitet, war vor 12 Jahren schon einmal dort und berichtet nur das Beste, wie alle anderen Seglern, die wir treffen und die schon einmal dort waren. Jeder schwärmt in den höchsten Tönen von dem noch unverdorbenen Revier. Und tatsächlich, als unser Anker bei Kululuba Island direkt hinter der Riffeinfahrt fällt, fühlen wir uns wie im Paradies. Üppig bewachsene Inselchen mit strahlend weißem Strand, im Vordergrund unser privater Swimmingpool mit glasklarem, türkisen Wasser – alles nur für uns allein. Was will man mehr. Als plötzlich ein Boot mit 40 PS Außenborder und 6 halbstarken Locals ankommt, befürchten wir, die Zivilisation hat hier doch schon deutliche Kerben geschlagen. Wo sind die berühmten Segelkanus, mit denen hier wohl alle fahren? Immerhin, die Jungs bringen uns zwei Lobster und gegen 4 T-Shirts und 1 Flasche Coke werden wir handelseinig. Nach einem kurzen Bordbesuch verlassen sie uns wieder und das Paradies ist erneut unser.

Steffie‘s Friseursaloon, Kululuba Island, Louisiade Archipelago, PNG.

25.8.07 – Strahlendes Lächeln und blutrote Zähne

Wir wechseln unseren Ankerplatz und fahren nach Pana Numara, einer bewohnten Insel. Zur linken liegt die Blue Lagoon mit ihrem in allen Farben schillerndem Wasser (Zitat aus einem Louisiaden-Cruising Guide), die wir aufgrund zu vieler Wolken und zu viel Wind nicht besichtigen können. Zur rechten streckt sich die Hobe Bay, unser Ankerplatz. Rund 14 Schiffe sind schätzungsweise zur gleichen Zeit wie wir in dem Archipel (200 nm x 50 nm) unterwegs, zwei davon ankern wie wir in Pana Numara. Links vom Ankerplatz liegt das Dorf. Wir werden aufs herzlichste begrüßt, Kinder und Erwachsene strahlen um die Wette – und mit was für einem Lächeln. Die meisten Erwachsenen und teilweise auch Kinder haben knallrote Zähne vom pausenlosen Betelnusskauen. Zusammen mit geriebenem Lime-Stone und Senfsaat färben sie die Zähne rot und entzünden das Zahnfleisch.

Wir fühlen uns Willkommen. Dennoch sind die Dorfbewohner sehr zurückhaltend, manchmal etwas scheu. Auch Isabell und Kilian fühlen sich die ersten Minuten nicht wohl in ihrer Haut und klammern sich an Steffies Sarong. Eine Riesentüte mit Luftballons bricht schließlich das Eis und rund 15 Kinder spielen gemeinsam am Strand.

Wir sind positiv überrascht. Noch gut San Blas in Erinnerung, wo uns vor Porvenir die Kula-Frauen geradezu geentert haben, erleben wir hier die absolute Zurückhaltung. Ab und an kommt ein Kanu heran und fragt, ob wir tauschen möchten. Manche sagen auch nur einfach „hello“. Viele sprechen verständliches Englisch. Unsere Mitbringsel sind begeehrt. So wechseln Küchenmesser, Leinenreste, Nähzeug, Zucker, T-Shirts, Kinderkleidung, Schreibhefte und Stifte, Werkzeuge, Feuerzeuge etc. gegen Papaya, Kokosnüsse, Fisch, Bananen oder kunstvoll geflochtenen Kokosmatten oder den geldwerten Baggi-Ketten den Besitzer. Die Bewohner hier sind für unsere westlichen Vorstellungen arm. Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie aus den Gemüsen und Früchten, die sie in ihren Gärten anbauen. Alle anderen Sachen sind schwer zu bekommen. So sind die wenigen Segler, die jedes Jahr die Louisiaden aufsuchen, willkommene Handelspartner.

Anna, die Frau des Pastors, lädt uns für den nächsten Morgen in die Kirche ein. Das schlagen wir natürlich nicht aus. Die wunderbaren Gesänge sind berühmt, schade, wir haben kein Aufnahmegerät dabei. Marc, der Pastor, begrüßt uns und alle Kirchenbewohner schütteln unsere (und wir ihre) Hände. Tags darauf besuchen wir Inosi, Lehrer an der ziemlich neu gegründeten Elemantary School. Inosi und seine Frau besuchen uns abends ab und an auf dem Boot und so erfahren wir einiges über die Lebens- und Sichtweisen der Menschen hier auf Pana Numara. Es ist interessant zu erfahren, dass sie sich Gedanken darüber machen, ob die Segler verschreckt werden, wenn zu viele Kanus zu den Schiffen fahren. Sie organisieren ein Fundraising-Festival für die Schule, eigens für die Segler, denn andere Touristen gibt es nicht, und überlegen, einmal jährlich ein Kulturfestival aufzuziehen – ein sehr fortschrittliches Denken in einer Umgebung ohne Strom, fließendem Wasser und Licht.

Wir besuchen die örtliche Schule und werden anschließend von Anna zu einem Schwatz auf die Terrasse ihres Hauses eingeladen.

Anna und Mark, seit 5 Jahren Pastor auf Pana Numara

Kilian jagt die Dorfschweine und Isabell spielt mit Yvonne, Inosis Tochter. Anna, Mark und Sr. Jane, die alle zusammen unter einem Dach leben, schlachten für uns ein Huhn als Dankeschön. Wir hatten die mangels Regen leeren Wassertanks mit frischem Trinkwasser aufgefüllt. So sitzen wir alle zusammen im Haus der Familie und essen Hühner-Kebab, Yams, Taro und gekochtes Huhn. Nur Mark und die Kinder essen mit uns, die Frauen sehen zu. Für uns ein unbequemes Gefühl und wir sind uns nicht sicher, ob wir uns wirklich erwartungsgemäß benommen haben. Ins Haus eingeladen zu werden, ist eine große Ehre. Wir bedanken uns mit einer Gegeneinladung zu Nudeln mit Sauce Bolognese. Unsere Küche ist ihnen fremd, doch sie halten tapfer durch. Anschließend sehen wir uns „Nemo“ auf DVD an. Alle sind total begeistert. „Oh, dear!“ schreit Sr. Jane immer wieder, als beispielsweise Bruce der Hai vor Marlin auftaucht.

So pflegen wir ein sehr soziales Leben in einer wundervollen Bucht. Man trifft sich zum Sundowner auf den anderen oder unseren Booten oder zum Beach-Barbecue zusammen mit den anderen Booten und den Einheimischen, die Steffies Hühnerkebaps und den Instant-Nudel-Salat mit süsser Chili-Sauce in wenigen Minuten verdrücken. Uns bleiben Yams, Bananenfritters und  der gegrillte Fisch von „Lady Bubbly“.

Wir fühlen uns erneut wie im Paradies. Die Schattenseiten zeigen sich, als zwei Kinder als vermisst gemeldet werden. Da der Dorf-Aussenborder von Pana Numara nicht mehr genügend Benzin hat, spenden wir 20 Liter für die Suche. Man lässt uns im Unklaren darüber, ob die Kinder von hier oder von einer anderen Insel sind. Man habe das umgedrehte Kanu gefunden, heisst es, und müsse nun dringend nach Moturina, um der Sache auf den Grund zu gehen. Nicht um die Kinder zu suchen? Wir sind ratlos. Morgen werde nach den Kindern gesucht, sagt man uns am Abend. Es verdichten sich aber die Gerüchte, dass die Kinder (ca. 6 und 10 Jahre) festgehalten werden, um einen Landdisput auszutragen. Doch diese Variante fällt unter „internal affairs“ und ist nicht für die Segler bestimmt.

1.9.07 – Adrenalinstoß vor Traumkulisse

Leichte Ermüdungserscheinungen stellen sich ein. Wir haben nun genügend Bananen und Papayas, unsere Tauschwaren gehen zu Ende und wir sehnen uns wieder nach einem einsamen Ankerplatz. Sollen wir Panasia wagen, mit der schwierigen Laguneneinfahrt? Die Kulisse soll großartig sein, heisst es. Wir wagen es.  Seit einigen Tagen bläst es kräftig mit gut 25 Knoten und die See ist aufgewühlt, der Himmel bedeckt – schlechte Aussichten für die Einfahrt in eine Lagune. So ist es denn auch. Angeblich soll die nru wenige Meter breite Passage deutlich sichtbar sein. „Links und rechts brechen die Wellen, dazwischen fahrt ihr durch“, so ein wohlgemeinter Ratschlag. Nur was tun, wenn die Wellen überall brechen? Wir drehen ab. Sollte wohl nicht sein. Hilfe kommt mit Chris von der „Lady Bubbly“, der bereits vor Anker liegt. Von innen ist die Einfahrt gut zu sehen und er weißt uns ein. Langsam und mit Herzklopfen tasten wir uns durch. Panasia ist wunderschön. Wir liegen vor der imposanten Steilküste mit kleinem Strand in ruhigem Lagunenwasser.

Panasia ist derzeit unbesiedelt, nur die Gärten von John‘s Familie sind dort. Er stattet uns bald einen Besuch ab und wir erkennen die Unterschiede zwischen den einzelnen Dörfern. John ist ebenso freundlich, doch wesentlich fordernder in seinen Wünschen. Doch er ist okay. Immerhin wandert er mit Alfred zum alten Friedhof und erzählt ihm dabei die Geschichte seiner Vorfahren, die noch Kannibalen waren. „Solange sie uns nicht Dim Sums nennen, ist alles okay“, meint Alfred, als er erfährt, dass wir Weißen hier als Dim dims bezeichnet werden.

Wir erleben wunderschöne Abende und Tage hier, zusammen mit Lady Bubbly und Dreamtime, beide aus Australien. Naja, ein Tag ist nicht so berauschend als die Nacht zuvor, in der wir bei einem ausgedehnten Sundowner unsere Rum-Vorräte aus der Karibik vernichten. Das für den nächsten Tag geplante Race zwischen unseren Tinker Segel-Dinghy und dem Walker Bay Segel-Dinghy von Dreamtime muss wegen Unpässlichkeit der Skipper abgesagt werden.

Testlauf zur Dinghy-Regatta – der Einheimische John + Familie im Sailing-Kanu, Alfred im Tinker und Adrian im Walker Bay. Sieger des Testlaufs: John knapp vor Adrian.

Leider müssen wir nach 4 Tagen weiter Richtung Port Moresby. Unser Problem am Baum ist noch nicht behoben und Alfred entdeckt weitere Schlampereien (oder besser Beispiele von Kiwi-Work) von Matrixx Masts. So ist nicht nur die Trägerschraube vom Lümmelbeschlag nicht angezogen worden, es wurden die Köpfe von beim Demontieren abgerissenen Schrauben einfach eingeklebt, um sich die Arbeit eines neuen Gewindes zu sparen.

8. September 2007 – Port Moresby, Papua Neuguinea

Seit wenigen Stunden liegen wir also hier in Port Moresby, der wegen seiner Überfälle als gefährlich bezeichneten Hauptstadt Papua Neuguineas. Drei Nächte und zwei Tage hat die Überfahrt gedauert, bei durchschnittlich 15 Knoten Wind und ohne besondere Vorkommnisse. Rolf Borger, der hiesige Stützpunktleiter von Trans-Ocean hat uns einen Liegeplatz in der sicheren Marina des Royal Papua Yacht Clubs besorgt – einer Oase mit Bars, Restaurants, Kinderspielplatz und Fitnessraum – man könnte auch Fort Knox dazu sagen. Hier liegen wir wunderbar und die Kinder sind bereits wieder in ihrem Element: fischen und auf dem Spielplatz der Marina spielen.

16. September 2007 – Independence Day in Port Moresby. Leider hat es mit der Goroka Show nicht geklappt. Wir wollten kurzfristig in die Highlands fahren zum großen Festival der diversen Kulturen Papua Neuguineas, die Huli Wig-man mit ihren kunstvollen Perücken und die Asaro Mudmen mit ihren Lehmmasken sehen. Wir hätten es uns denken können: Drei Tage vorher war natürlich alles ausgebucht. Selbst als uns Nadine zwei Plätze im Flugzeug der australischen High-Commission organisieren wollte, hatten wir Pech. Das Email an uns war kaum weg, da waren es die Plätze auch. So begnügten wir uns also mit Port Moresby. In der Marina war einiges los und wir lernten auch gleich Organisation à la PNG. Die Kunstausstellung am Samstag abend – beste zeitgenössische Kunst PNGs – war angeblich nur mit Eintrittskarte zu besuchen. Als wir noch eine auftreiben konnten, hörten wir hinter vorgehaltener Hand die Empfehlung, die eine Karte werde auch für zwei reichen. Wir hätten sie gar nicht benötigt. Als wir für die Vernissage aufgebrezelt durch die Bar wanderten, meinte Tony: Warum geht ihr nicht in die Ausstellung, da hinten ist die Tür offen. Tja, so waren wir dann drin, tranken Sekt und aßen Canapees und keiner hat uns je nach unserer Eintrittskarte gefragt. Leider waren die Bilder, die uns gefallen hatten, einfach zu groß.

Kilian mit seinen beiden neuen Freunden – das Gemälde dahinter hätten wir gerne, aber es war uns leider zu groß.

Am nächsten Tag war großes Fest in der Marina, mit Tänzen und einem Kunsthandwerksmarkt. Überall in Port Moresby wurde gefeiert. Meist sind die Locals jedoch unter sich, auch am Ela Beach, dem Zentrum der Festivitäten. Wir wagen uns mit lokaler Unterstützung von Jason und Nadine zum Ela Beach. Als Gruppe sind wir weniger gefährdet. Alfred wickelt sich die Kamera fest ums Handgelenk, sieht jedoch bald einen jungen Einheimischen, der ihm stetig auf den Fersen folgt. Als er von einem älteren Mann den Ratschlag erhält aufzupassen, da „Raskols“ (= Banditen) gesehen worden seien, entschließen wir uns nach gut einer halben Stunde shoppen und schauen zum Rückzug. „Man soll sich nicht zu lange hier aufhalten, dann ist es okay“, erklärt uns Jason. Die Raskols, meist junge Kerle ohne Ausbildung und Arbeit, sind die negativen Begleiterscheinungen einer Arbeitslosenrate von etwa 90 %. Sie machen auch vor ihren Landsleuten nicht halt, aber Weiße sind natürlich das erste Ziel, allen voran Touristen, die sich nicht an die üblichen Vorsichtsmaßnahmen halten.

Die Einheimischen feiern ihren Independence Day am Ela Beach.

Ansonsten sind die Leute nett und als Alfred einen Koteka (Penisköcher) begutachtet begleitet ihn das Lachen der weiblichen Verkäuferinnen. Vorsicht ist aber wohl überall auf dem Festland angebracht. „Life is cheap here“, hat uns Kilians Lehrerin in Neuseeland gewarnt, die einige Jahre in Lae lebte. Vermutlich ist Port Moresby nicht schlimmer als manche Städte in Südamerika. Wer sich an die Regeln hält, einige Straßen nachts nicht fährt und schon gar nicht läuft, einige Orte meidet und immer ein waches Auge hat, kann es hier durchaus einige Jahre aushalten. Schon wenige Kilometer außerhalb Port Moresbys ändert sich das Bild. Jason lädt uns zu einer Sightseeing-Tour ein. Wir sind dankbar, sonst hätten wir nicht viel gesehen.

Die Crew der Verena (ohne Kids) vor dem Rouna-Fall

In der Bomana War Cemetry sind etwa 4000 Australier und Papua Neuguiner begraben, die im gegen die Japaner gefallen sind. Der schön angelegte, sehr gepflegte Park steht unter der Verantwortung des Commonwealth. Wir fahren entlang des Laloki River und passieren kleine Dörfer, bis wir schließlich den Rouna-Wasserfall erreichen. Es regnet, so werden wir zwar nass und die Fotos nicht so schön, aber dafür ist der Wasserfall umso prächtiger. Anschließend fahren wir nach Sogeri, dem Dorf, das wohl Port Moresbys Märkte mit Obst und Gemüse beliefert. Die Verkäufer in dem kleinen Markt attestieren uns vermutlich einen leichten Dachschaden, als wir im strömenden Regen aus dem Auto springen und durch Matsch laufen, um ein paar Ananas und einige Handvoll Bananen zu kaufen. Doch Ananas gab es selbst in Port Moresby nicht und die Bananen sind hervorragend. Nicht weit von hier beginnt der berühmte Kokoda Track, eine mehrtägige Wanderung, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Im letzte Jahr sollen bereits über 3000 Leute die 96 km bewältigt haben, die meisten davon in organisierten Touren. Während wir uns anschließend Bananen mampfend auf den Heimweg machen, vergnügen sich unsere Kids bei Nadine und den drei Jungs im Swimmingpool.

19. September 2007 – Die schönen Tage in Port Moresby sind vorbei. Wir fahren los, durch die Torres Straße nach Indonesien.

Wir verlassen Papua Neuguinea mit dem Gefühl, viel zu wenig gesehen zu haben. Die Marina in Port Moresby – eigentlich der private Royal Papua Yacht Club – ist absolut empfehlenswert: sauber, freundliches Personal, eine gut besuchte Bar und leckeres, preiswertes Essen im Restaurant. Wir wurden noch in keiner Marina so mit offenen Armen aufgenommen. Allen voran Rolf, der Trans-Ocean Stützpunktleiter, der uns durch die Stadt fuhr und mit Rat und Tat zur Seite stand (Rolf, nochmal vielen Dank dafür), und Jason und Nadine mit ihren drei Jungs, die wir hier kennenlernten. Anna traf bereits in den ersten paar Minuten auf Landsleute und brachte gleich eine Einladung zur Regatta mit sich.

Regatta Vorbereitung: Alfred und Anna helfen beim Auftakeln der Racketeer

So vertauschte Alfred das Steuer gegen einen Platz an den Schoten und beide segelten brav als Crew in der Club-Regatta. Folglich saßen wir bereits am zweiten Abend in feucht-fröhlicher großer Runde. Überhaupt wird Geselligkeit groß geschrieben und man vergisst fast, dass die Welt ausserhalb des gut gesicherten Marina-Geländes anders aussieht. Für uns Außenseiter treibt dieser Mikrokosmos manchmal lustige Stilblüten, etwa wenn die Mitglieder des Yachtsclubs wie Gefangene auf ihrer Stunde Hofgang täglich abends den Zaun des Marina-Geländes entlang joggen.

Neben der Marina befindet sich in Fußnähe (tagsüber kein Problem) ein gut sortierter Supermarkt mit japanischem Restaurant und einem Friseur-Saloon plus Spa. Steffie fasst sich den Mut und lässt sich von Richard frische Strähnchen und einen Haarschnitt verpassen. Der Filippino arbeitet absolut professionell und das Ergebnis war für umgerechnet 50 Euro ein Schnäppchen. Für Alfred war die Überwindung größer, bekam er doch Richards Kollegen Jimmy zugeteilt, ebenso gay, aber meist sich schminkend vor dem Spiegel anzutreffen. Alfred befürchtete, Jimmy verwechsle möglicherweise die Schere mit dem Lidschatten. Doch dem war nicht so und für 10 Euro war er mit einem klasse Schnitt dabei.