Türkei, Griechenland, Kroatien, Italien und nach Hause

28. April 2008 bis Anfang Juni: Raus aus dem Suez-Kanal und die Segel hoch! Unser Herz schlug sichtlich höher. So guten Wind hatten wir schon lange nicht mehr. Mit teilweise über 9 Knoten rasten wir der Türkei entgegen. So stellt man sich das vor. Die Kemer Marina südl. von Antalya, unser erster Stopp in der Türkei, empfing uns mit dem imposanten Taurus-Gebirge (teilweise noch schneebedeckt) im Hintergrund. Wie schön ist doch das Mittelmeer. Alfred und Steffie schnappten sich einen Roller und machten eine Tour in die Berge. Forellen-Essen am Wildbach, kleine Schildkröten am Straßenrand, überall duftete es nach Pinien und Frühling.

Idyllischer Platz im Hinterland von Kemer

Die Kinder waren ganz verwundert. So viele Deutsche hier! Das waren sie nicht mehr gewöhnt. Die meisten davon waren schon mehrere Jahre hier, so wie Charly vom Boot nebenan, der mit uns so manche Insider-Tipps abklapperte. Sein Hund, Charly 2, war der große Liebling unserer Kinder. In Kemer verabschiedeten wir uns auch von Lisa, die uns seit Thailand begleitet hatte. Die Freude über die Ankunft ihrer beiden großen Schwestern, Karina und Verena, erleichterte den Abschied.

Nur schwer konnten wir uns von der schönen Marina trennen, aber die Küste und die Buchten lockten. Langsam ging es nach Westen, einen Ausflug nach Griechenland mit eingeschlossen: Kastellorizon, die kleine Insel nur 2 nm von Kas entfernt, bot einen pittoresken Hafen wie aus dem Bilderbuch. Nur das türkische Essen schmeckte uns deutlich besser. 

Bei Evangelos, Daytrader und Wirt, in Kastellorizon. Bloomberg TV in der Küche und Eingelegte Mücken im Essig.

Nach zwei Tagen ging es wieder zurück in die türkischen Buchten. Dort gab es immer etwas zu sehen. Entweder die Turbo-Anlege-Ablege-Manöver der Gullets: Ankerkette raus, Landleine dran, alles fix und fertig in 2 Minuten! Da schauten Segler wie wir dumm aus der Wäsche. Oder die professionelle Einparkhilfe von Restaurant-Betreibern wie Ali in der Kaltwasserbucht, der die Landleinen entgegennahm und die Boote in Reih und Glied einparkte wie auf einem Supermarktparkplatz. Bis zu 50 Boote hatte er in der kleinen Bucht schon untergebracht, erzählte er uns. Erstaunlicherweise waren nur selten Ankerketten ineinander verhakt. Ein Pluspunkt für seine Einparkregie.

Gut 45 Minuten dauerte der Fußmarsch von der Cold Water Bay in ein griechisches Dorf. Was wir sahen, belohnte den Aufstieg über den Bergkamm in der Hitze.

Foto: Griechen-Dorf Kayaköy, das etwa 1923 nach der Vertreibung durch Atatürk verlassen wurde.

In Göcek stand dann Crew-Wechsel an. Alfreds Bruder Albert kam für eine Woche. Am gleichen Abend landeten zudem unsere Nachbarn von zuhause, Rolf und Gabi mit Familie, mit einem gecharterten Kat in der Marina. Es gab ein großes Hallo und wir fuhren dann für zwei Tage zusammen weiter. Wohin? Es ging freiwillig zurück, zu Ali in die Cold Water Bay. Das Wasser war wirklich frisch dort. Ein Hai hätte Steffie auch nicht schneller wieder aus dem Wasser treiben können. Nach einer halbstündigen Bedenkzeit schaffte sie gerade mal eine Sekunde im 18 bis 20 Grad warmen Nass. Da war die Drachenbucht doch besser. Hier lagen wir auch tatsächlich einmal für eine Nacht allein. Es war Samstag und Charterwechsel. Da stehen die Chancen am besten und wir hatten Glück.

Foto: Drachenbucht südl. von Göcek.

Plötzlich Überraschung am Funk: „Uhuru“ ruft „Verena“. Was tun denn Andy und Rudi hier dachten wir, da wir sie wesentlich südlicher und eigentlich schon in Griechenland wähnten. Das letzte Mal hatten wir uns in Aden gesehen.

Sundowner mit Albert, Andy, Rudi, Steffie, Kilian & Isabell (der Skipper fotografiert) in der Drachenbucht.

Das erste Mal seit Korcula im August 2005 packten wir unseren Bootsgrill wieder aus. Die Holzkohle hatte Steffie vorsichtshalber schon vor einem Jahr in Neuseeland gekauft. Entsprechend ungeübt konnte man es dem Skipper verzeihen, dass er eine schöne Scheibe Roastbeef im Meer versenkte. Steffie meinte, er hätte wenigstens einen Angelhaken daran befestigen können. Nicht weit von der Bucht, die morgendlich von einer Ziegenherde besucht wurde, standen alte byzantinische Ruinen. Die gut eine halbe Stunde Fußmarsch tat uns allen gut. Nur Bella war anderer Meinung und überzeugte Albert, dass es sich für einen Patenonkel gehöre, sein Patenkind (= Bella) den gesamten Berg hoch huckepack zu tragen. Alfred hatte auf Google Earth eine kreisrunde Stelle entdeckt. Wir fanden ihn gerade unterhalb der Ruinen. Es musste wohl früher ein Stadt– oder Dorfplatz gewesen sein. Am kaum erkennbaren Rand stand eine alte Zisterne.

Lichtbrechung in Spektralfarben im Inneren der Zisterne (oben). Das Echo von Rudis Mundharmonika war ebenso beeindruckend. Isabell verlässt die Zisterne gerade.

Als uns Albert verlässt, fahren wir wieder nach Göcek. Recht weit sind wir also nicht gekommen bisher in der Türkei. Wir lesen an Deck, gehen schwimmen, faulenzen. Jetzt fehlt nur noch die „Tradewind“, auf die wir hier warten wollen. Wo warten wir? Nach einem Ausflug in die Tomb Bay/Quellenbucht (lt. Segelführer) fahren wir wieder zurück, zum dritten Mal zu Ali in die Kaltwasserbucht. Von dort bzw. von der mit dem Dinghy erreichbaren Nachbarbucht konnte man leicht nach Fethyie zum Einkaufen fahren. Lammkoteletts sollten es sein, für einen Grillabend mit der „Tradewind“, auf die wir seit einiger Zeit warteten und mit denen wir die kommenden Wochen gemeinsam segeln wollten. Fethyie selbst war uns zu touristisch, aber der Obstmarkt und auch der Fischmarkt waren einladend, besonders aber die beiden Metzger, die nach unserem Einkauf beide keine Lammkoteletts mehr hatten. 

Nachts um zehn kamen sie endlich an, unsere holländischen Freunde von der „Tradewind“. Alfred und Kilian halfen beim Anlegen. Kein einfaches Manöver in unbekanntem Gelände nachts zwischen zwei Boote zu gehen und auch noch eine Landleine zu legen. Die Kinder waren total begeistert und es gab schon an diesem Abend den ersten Sleep-over, kurz darauf aber auch bereits die ersten der gefürchteten Streitereien zwischen Kilian und Robin. Bisher hatten sie es immer wieder geschafft, sich zu versöhnen. Isabell Sparrow und Koen Barbosa machten mit ihrer Yellow Pearl (= Beiboot Tradesheet) und gezückter Piratenflagge die Bucht unsicher und Isabell fand es gar nicht lustig, dass die nette Frau vom Pfannenkuchen-Boot immer nach dem Befinden vom „Baby“ (= Isabell) fragte.

Schließlich sagten wir dann endgültig Good-bye zu Ali und machten uns zusammen auf nach Westen zu unserem altbekannten Ankerplatz in der Drachenbucht. Dieses Mal waren unsere Grillbemühungen erfolgreich und kein Lammkotelett fiel ins Wasser, dafür verabschiedeten wir uns aber von unserem schönen Kalamar-Köder, der nun vermutlich neben dem Roastbeef unentdeckt im Seegras liegt, ohne je seinem Zwecke gedient zu haben. Aber das ging bislang allen Ködern hier so im Mittelmeer. In Sachen Fischfang waren wir im Mittelmeer bislang äußerst unerfolgreich und unsere Hoffnung schwindet täglich.

11.– 30. Juni 2008 – Wir segeln die 8 nm von der türkischen Küste und unserem Ankerplatz Nähe Datca nach Symi, Griechenland. 25 Knoten Halbwind, das war schon lange mal wieder fällig. Kilians Freund Robin, der für diesen Trip von der Tradewind auf die Verena gewechselt hatte, steuerte zum ersten Mal unser Boot. Mutig hält er das Ruder, aber als der Zeiger über 10 Knoten geht und Legosteine, Kugelschreiber und anderes Zeug wegen Schräglage durchs Boot fliegten, reffen wir dann doch.

Malerisch liegt er da, der kleine Hafenort Symi. Vorerst haben wir jedoch kein Auge dafür. Wir müssen erst ankern. Das gestaltet sich hier nicht so einfach mit den vielen Booten und Ankersalat ist vorprogrammiert, wenn er denn hält. Irgendwann hängen auch wir und stoßen nachträglich auf Alfreds Geburtstag an, den wir wegen unsicherer Wetterlage tags zuvor nicht feiern konnten.

Hafen der Dodekanes-Insel Symi

Der nächste Schlag soll eine Nachtfahrt werden. Langsam drängt uns die Zeit und wir wollen Richtung Heimat. Auf Amorgos, das zu den Kykladen gehört, empfängt uns das Bilderbuch-Griechenland, das meist in Form von Santorini griechische Restaurantwände ziert. Vor allem der Hauptort Chora mit seinen von weiß-blauen Häusern gesäumten Gassen hat es uns angetan. Wir lassen die Kinder in Obhut der Tradewinds, mieten uns einen Roller und fahren über die Insel. Zu den Highlights von Amorgos zählt das Felsenkloster Chozoviotissa, das wie uns gesagt wurde nur noch von drei Mönchen bewohnt wird. Ein Serpentinenpfad führt hinauf zum Eingang. Alfred: „Wenn man dann endlich oben ist, werden sie Eintritt kassieren.“ Nichts dergleichen. Nicht einmal um Spenden wurde gebeten. Statt dessen bekamen wir einen zimtigen Amorgos-Likör und Kekse serviert.

Oft krachen Felsblöcke herunter, aber es sei noch nie einem Menschen etwas passiert, sagt man uns im Kloster, das 300 m über dem Meer an der Felswand klebt

In Amorgos erklomm das Tradewind-Verena-Grillteam auch den Barbecue-Olymp. Seit wir zusammen in der Türkei unterwegs waren, grillten unsere beiden Skippern mindestens 100 Lammkoteletts. Die Boote eng vertäut, den Platz hinter Verenas Cockpit zur Picknick-Plattform umfunktioniert, nutzen wir Tradewinds Reling-Grill. In Amorgos gelangen unseren Skippern die besten Lammkoteletts unseres Lebens, die wir allerdings noch aus der Türkei mitbrachten. Die Gäste des gegenüber liegenden Restaurants, denen der Grillgeruch im die Nase wehte, taten uns nicht wirklich leid.

Es heißt ja immer, man sollte gehen, wenn es am Schönsten ist. Aber leichter wird es dadurch nicht. In Amorgos stand wieder einmal ein unliebsamer Abschied an. Tradewind musste Richtung Italien und Holland weiter, segelte also südlich des Peloponnes. Wir entschieden uns für den Kanal von Korinth. Seit Jemen waren wir viele Meilen zusammen gesegelt und die Kinder betrachteten beide Boote als ihr Zuhause. Entweder schliefen die Großen, Robin und Kilian, bei uns, oder Koen und Isabel bzw. umgekehrt.

Der Magnet Heimat wurde immer stärker. Die nächsten beiden Inseln Seriphos und Poros hakten wir als Zwischenstopps ab, wobei uns Poros trotz hohem Touristenaufkommen recht gut gefallen hat – soweit man das in 24 Stunden beurteilen kann. Wir freuten uns auf den Kanal von Korinth mit seinen hohen Steilwänden. Die Wartezeit war nur kurz, aber aufregend, als ein aus dem Kanal kommendes Frachtschiff genau neben der längsseits liegenden Verena aufs Gas drückte. Verena zog es meterweit vom Pier weg. „Was machst denn jetzt?“ schrie Alfred aufgeregt, in der Vermutung, Steffie hätte in einem plötzlichen Anfall von Wahnsinn die Leinen gelöst. Kaum hatte er es ausgesprochen, schmiss es das Boot wieder zurück an den Pier. Schön, wenn man gute Fender hat. Steffie konnte sich ein lautes A……. nicht verkneifen, aber selbst wenn es der Steuermann des Frachters gehört hätte, hätte er es vermutlich nicht verstanden. Nicht jeder spricht deutsch.

Immer nur einspurig befahrbar, der Kanal von Korinth

Ohne Stopp ging es weiter, ohne Wind auch. Nur den letzten halben Tag vor der Ausfahrt aus dem Golf fing es plötzlich an, mit 25 bis 30 Knoten von vorn zu blasen und es baute sich eine kurze Welle auf. Musste das genau vor der Nacht sein und noch dazu mit Steffie ohne Seekrankheitsmittel? Also Scopoderm-Pflaster drauf und einige Stunden später war dann auch Steffie wieder einsatzfähig für die Nachtwache. Kurz vor der Autobahnbrücke war es dann aber vorbei und wir konnten bei ruhigem Wetter passieren. Es ist schon immer ein komisches Gefühl, unter einer Brücke durchzufahren. Selbst wenn noch 10 m Luft zwischen Mastspitze und Brücke sind, sieht es aus, als würde man am Stahl kratzen.

Abends erreichten wir Paxos. In der schönen Ankerbucht in Lakka wollten wir unsere Umrundung feiern, dort hätten sich unsere Wege das erste Mal wieder gekreuzt. Doch herrliches Mittelmeer, wie könnte es auch anders sein. Der Anker schon zum Ankerlassen bereit steuern wir in die Bucht und gleich wieder heraus. Es waren noch mehr Boote dort als im August 2005, keine Chance für einen Ankerplatz. Enttäuscht fuhren wir ans Festland, um dort eine laut Segelführer schöne Ankerbucht aufzusuchen. Doch die dort angegebenen Tiefen fanden wir nicht bzw. viel weiter an Land als angegeben. Für uns nur mit viel Mühe zum Ankern geeignet – und darauf hatten wir, es war jetzt schon 9 Uhr abends, keine Lust. Wir entschieden uns, direkt nach Korfu in die Marina Gouvia zu gehen. Die Marina lässt sich auch nachts anlaufen und auf erneute Ankerplätze, die dann nicht halten, was sie versprechen, waren wir nicht scharf. Wir wollten einfach nur gut schlafen. Wären wir doch langsamer gefahren. Da wir um 23.50 Uhr einliefen, sah man sich gezwungen, uns noch den gesamten Tag Liegegebühr zu berechnen. Zu allem Überfluss machte der zum Schiffsausrüster radelnde Alfred engere Bekanntschaft mit dem Pier, resultierend aus zu hoher Geschwindigkeit und einem unglücklich platzierten Wasserschlauch, und zog sich dabei großflächige Schürfwunden zu. Die Geister waren also nicht auf unserer Seite. Besser so schnell wie möglich hoch mit den Flaggen der von uns besuchten Länder, runter mit dem Schampus als Belohnung zur abgeschlossenen Weltumsegelung und ab nach Hause.

Abendstimmung über der Marina Piskera im Kornati Nationalpark. Könnte es sein, dass die hohen Preise die Segler mehr nach Griechenland treiben? Wir fanden es jedenfalls weniger überfüllt als vor drei Jahren.

Dazwischen lag nur noch Kroatien. Es ist immer noch ein sehr schönes Segelrevier. Nur die fast unverschämt hohen Preise trüben das Bild deutlich. Vier Stopps schienen uns genug: einer zum Einklarieren in Cavtat, der zweite in Piskera in den Kornaten, wo wir unseren neuseeländischen Freund Phil mit seiner Slam Dunk (also unsere frühere „upsala“) trafen. Das letzte Mal hatten wir uns vor einem Jahr auf der anderen Seite der Erde gesehen, in Neuseeland.

In Ist machten wir nur einen Übernachtungsstopp, da sowieso kein Wind ging; besser ruhig geschlafen als nachtwachenderweise motort. Unser letzter Kroatien-Stopp in Novigrad war quasi ein Nothalt: Es war Fußball-EM-Finale und wir wollten es sehen. In den drei Jahren hatte sich einiges verändert. Die neue Marina wurde endlich gebaut (und wir hatten mit Glück noch einen Liegeplatz erhalten), unser Lieblingscafe am Wasser war doppelt so groß und es waren viel mehr Boote da als früher. Aber das Essen im Restaurant Mandrac war so ordentlich wie wir es von früher kannten und tröstete uns über das verlorene Spiel hinweg. Da es aber nichts zu feiern gab und wir so ohne Kopfweh morgens aufwachten, fuhren wir gleich nach dem Ausklarieren zurück nach Italien.

Einfahrt in die Marina Hannibal, knapp 3 Jahre nach unserem Auslaufen.

Monfalcone grüßte uns mit seinen hohen Schornsteinen und den in Bau oder Refit befindlichen Kreuzfahrtschiffen der Werft Fincantieri. Die selben Marinamitarbeiter, die uns vor drei Jahren beim Ablegen halfen, nahmen unsere Leinen entgegen. Uns kam es vor, als seien wir von einem Kurztrip nach Kroatien zurückgekehrt. Alles war beim Alten, die gleiche Bedienung in der Bar, das super Essen in der Marina-Kantine und immer noch kein Internet.