Panamakanal und Galapagos

Die Schleusung war spannend. Nachts ging es durch die ersten drei Locks, dann Ankern im Dunkeln im (wunderschönen) Gatun-See. Tags darauf wussten wir ja schon, was uns erwartet und die Spannung sank, der Genußpegel stieg. Wir sind jetzt in Balboa an der Boje und kurz vor dem Sprung zur Flamenco Marina, die vor Panama City liegt.

30. April 2006. Der „Point of no return“ ist erreicht. Wir liegen hinter dem Panama-Kanal, vor uns um die 4000 Seemeilen bis in die Südsee. Wir fragen uns, warum wir so viele Segler getroffen haben, die schon seit Jahren vor dem Kanal liegen? Wir können es nachvollziehen. Hier durchzugehen heißt, die Karibik und vor allem das schöne Revier an der Küste von Süd- und Mittelamerika hinter sich zu lassen. Wir haben vielleicht zuwenig davon gesehen. Aber der Zeitplan sieht 3 bis 4 Jahre vor, und das treibt uns etwas an.

5. Mai 2006: Wir liegen hier in der Flamenco Marina, die übrigens mit Ausnahme der Preise in Realita nicht hält, was die Werbung im Web verspricht – und? Es regnet heute mal wieder. Alfred hat zwei Tage lang bei über 40 Grad in der Bilge geschwitzt, weiteres steht noch an und langsam reicht es ihm wohl mit der Um-die-Welt-Reparatur: „3 Jahre und keinen Tag länger.“ Die Crew kann‘s verstehen. Die Hitze hat ihre Tücken. Steffies Ausschlag am Hals kam wohl davon und auch Bella plagten Hitzepickel am ganzen Körper. Aber mittlerweile ist alles wieder in Ordnung.

6. Mai 2006: Wir waren Weißwurst-Essen im „Steinbock“ von den TO-Stützpunktleitern Udo und Karin Beume. Die Lauge für die Brez‘n kommt aus Deutschland – einfach lecker. Es gab auch richtigen Weißwurstsenf  und wir haben nochmal Franziskaner Weißbier getankt. Wer weiß, wann es das nächste gibt und wir fuhren sowieso mit dem Taxi.

10. Mai 2006: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: Gestern kam überraschend das Segel an. Also nicht auf nach Las Perlas und am Wochenende wieder zurück, sondern Bunkern fahren und Segel aufziehen. Langsam bekommen wir Übung drin und alles nötige für den 4 Wochen Trip haben Judith und Steffie in einer 5stündigen Shopping-Tour besorgt. Nachmittags wurden die 100 Liter Wasser, 40 Liter Milch, 200 Dosen Bier, 300 Dosen Cola, Sprite etc. sowie 15 Liter Säfte und 70 Liter Wein geliefert – es gibt keine Ritze mehr im Boot, die nicht gefüllt ist. Seit heute besitzen wir auch einen Parachute Sea-Anchor, also einen Treibanker, der angeblich selbst bei Windstärke 10 noch gemütliches Kaffeetrinken ermöglicht. Wir werden es bei Stärke 7 mal ausprobieren und hoffen, dass es dabei bewenden bleibt. Morgen geht es also los, ca. 800 nm über die Las Perlas Inseln nach Galapagos. In etwa 9 bis 10 Tagen sind wir dort. Uns erwarten wohl wenig Wind, und wenn, dann von vorn mit ca. 3 m Welle, ebenfalls von vorn und immer wieder Gewitter mit viel Regen.

13. Mai 2006: Seit 2 Nächten ankern wir vor der Isla Contadora im Las Perlas Archipel. Kaum ist das Dinghy am Strand, grüsst uns einer mit „Hallo, i bin da Charly“. Ein Österreicher mit Hotel-Restaurant, Minigolf und Tischkicker für die Kinder, dem wir abends und mittags einen Besuch abstatten. Anschließend besuchen wir den „Oberfunker“ Günter, der seit über 20 Jahren hier lebt und mit seinem Pacific-Island-Net (14.135 khz, 02:00 UTC) für die Segler bis in die Südsee eine Kommunikationsplattform geschaffen hat und uns alle mit Wetterinfos versorgt.

19. Mai 2006: Um 0.54 Uhr UTC queren wir den Äquator und begießen das Ereignis mit einer Flasche Schampus. Es war uns aber nicht nur zum Feiern: Durch die Welle von vorn bei der Überfahrt brach uns der Anker aus der Sicherung und schlug mehrmals kräftig ans Vorschiff, dass der Lack nur so flog. Gott sei Dank war kein Loch im Schiff.

Der Äquator ist überquert

21. Mai 2006: Land in Sicht: Galapagos. Wir steuern Santa Cruz an. Zuerst mussten wir noch die Ankerkette ummontieren. Dabei hatten wir fast den anderen Anker verloren. Also Dinghy runter und im Gerolle der Wellen das 65 kg schwere Ding wieder irgendwie hochhieven. Zu einem späten Frühstück lagen wir dann endlich vor Anker. Die Bucht ist sehr schwellig. Nach 2 Tagen legen wir den Heckanker. An Ruhe war aber noch nicht zu denken. Kaum, dass wir uns eingerichtet hatten, kam das Tankschiff und ankerte in unserem Schwoikreis. Keine Reaktion auf unsere Funksprüche. Als uns um ca. 4 Uhr morgens nur noch wenige Meter trennten, ging Alfred zum Angriff über: Bewaffnet mit einer Menge Bierdosen lies er sich mit dem Wassertaxi zum Tankboot fahren. Die Dosen wurden gerne entgegengenommen. Der Captain meinte: No Problem. Naja, war ein Versuch. Immerhin entschied er sich dann nach ein paar Stunden doch zum Umankern. Klasse hier in Santa Cruz sind die Wassertaxen, die rund um die Uhr fahren. Lustig immer die verzweifelten Versuche der Crew, die Jungs anzufunken. Sie reagieren meist nur auf spanisch und selbst nach mehreren Tagen fragten sie mehrmals nach, wo die „Verena III“ liegt. Bis einem mal die Erleuchtung kam: „Ah, el Barco aleman“. Das war der Zauberspruch. Wir meldeten uns seitdem nie mehr mit „Verena“ und die Taxen kamen schneller als bisher.

Als wir an Land gingen, waren wir überrascht, wie touristisch entwickelt es hier ist. Aber alles liebenswert und man hat keinen Moment das Gefühl man sei nur an Dollars interessiert. Die Leute sind alle sehr freundlich. Die Versorgung ist günstig. Frühstück, Mittagessen oder Abendessen jeweils zum Einheitspreis für 2,50 Dollar. Schon verrückt, wenn dann eine Packung Philadelphia genauso viel kostet. Besonders lustig, die Fressmeile: Lauter kleine Holzbuden mit ein oder zwei Tischen und dem überall vorhandenen Plastikstühlen. ZKaum angelandet sehen wir die ersten Seelöwen. Im Hinterland gibt es viele Farmen mit Rindern, fast wie auf einer bayerischen Alm. Highlights von Santa Cruz: Die Riesenschildkröten im Nationalpark und die dort wild wachsenden Maracujas (an alle nachzügelnden Segler: Fahrt mit dem Taxi hin für 7 Dollar die Stunde und spart Euch die 100 $ Nationalparksgebühr). Las Grietas, eine enge Schlucht bei Santa Cruz mit herrlichem Wasser zum Baden. Pizza gibt’s natürlich auch hier, und keine schlechte. Ebenso waren wir seit Guadeloupe mal wieder Sushi-Essen im Red Mangrove Inn – ein interessantes Hotelkonzept direkt am Wasser. Alfred stößt dann im Souvenirladen einer Ex-Münchnerin auf ein Buch über Floreana und die heisse Geschichte der ersten Besiedler, die alle aus Deutschland kamen. So stand fest: Da müssen wir hin. Wir bunkern noch fleissig, was sich im nachhinein als klug erwiesen hat, weil weder auf Floreana noch auf Isabella eine große Auswahl z.B. an Käse oder Joghurt etc. zu bekommen ist.

26.5.2006: Unser zweiter Stopp führt uns nach Floreana auf die Spuren der deutschen Besiedler. In der legendären Post-Office-Bay ist das ankern verboten. So fahren wir direkt nach Porto Velasco. Wir sind allein an einem ruhigen Ankerplatz. Seelöwen schwimmen ums Boot, Schildkröten ziehen vorbei. Wir wollen auf den Spuren des Dr. Ritter und Dore Strauch, die hier wie Adam und Eva leben wollten, der ihnen nachfolgenden Familie Wittmer und der Baroness von Wagner mit ihren zwei bis drei Liebhabern, die aus der Insel eine Luxusoase für reiche Amerikaner machen wollte, wandern.Sie alle besiedelten so um 1930 herum die Insel. Die Geschichte hier zu erzählen, würde den Rahmen sprengen. Man kann alles nachlesen: „Postlagernd Floreana“ von Margret Wittmer, die ihre Sicht der Abläufe beschrieb, oder auch „The Curse of the Giant Turtoise“ von Octavio Latorre, das sich wie ein Krimi liest.

Blaufusstölpel am Pier von Floreana

Wir – Alfred und Steffie – wanderten denn auch tatsächlich, 16 Kilometer auf einem Trampelpfad bis zu den Farmen ins Inselinnere und wieder zurück. Wir ernährten uns unterwegs  Guaven und Orangen. Eine Tochter und eine Enkelin von Margret Wittmer betreiben hier ein kleines Hotel, das wir natürlich besuchen. Nicht weit davon eine kleine Bucht, wo Judith, Kilian und Isabell mit den Seelöwen schwammen. Die Robben besiedelten die Fischerboote. Vor unserem Dinghy hatten wie wohl Respekt. Vielleicht lag auch einfach zuviel drin und es war ihnen zu unbequem. Wir wurden von der Bevölkerung absolut herzlich aufgenommen. Die Kinder spielten mit den einheimischen Jungs Fußball. Deren Eltern grillen. Ungefragt drückt uns eine Mutter einen Teller mit Grillfleisch und Plantain (Kochbanane) in die Hand. Einfach so. Alfred philosophiert stundenlang mit einem Einheimischen, der vor seiner Rückkehr in den USA gelebt hat – sitzenderweise auf was? Natürlich auf einem Plastikstuhl. Wir schenken dem Port Captain eine Mana-CD. Er lädt uns in sein Haus ein, und schenkt uns auch eine CD. Für uns war Floreana vor allem wegen dem engen Kontakt zu den Bewohnern der schönste Punkt auf Galapagos.

Isla Isabela ist unsere letzte Station vor der Abreise. Sie ist die größte Insel auf Galapagos. Floreana darf man offiziell nur mit Permit anlaufen, wobei sich ein Versuch ohne durchaus lohnen könnte. In Isabela ist es gängige Praxis, dass bereits ausklarierte Segler hier noch ein paar Tage die Insel besuchen. Als wir den Ankerplatz ansteuern, müssen wir erst mal kräftig schlucken: Vorne riesen Brecher, dahinter die Masten. Da müssen wir durch? Wir kommen näher und sehen den betonnten Kanal. Alles in Butter. Auch hier ist es etwas schwellig. Mittlerweile sind wir dran gewöhnt und nutzen eben den Heckanker. Beim Ankern auch hier wieder Trouble: Die Kette steckt im Schacht fest und geht weder vor noch zurück. Wir schmeissen den Zweitanker an der Leine und richten uns schon auf eine Nacht mit Ankerwache ein. Irgendwann schafft es Alfred aber doch noch, die Kette zu lösen und wir setzen den Anker auch noch. Die Fahrt zum Pier ist immer ein Abenteuer, da die Brecher auch in die Ankerbucht kommen, die zudem von vielen Untiefen gespickt ist, Steine, die tidenabhängig mal über und mal knapp unter der Wasseroberfläche sind. Die Seelöwen sind noch zutraulicher als auf Floreana. Hier gibt es auch Pinguine und relativ große Leguane, die zudem wohl als einzige ihrer Art auch schwimmen können. Der Ort befindet sich im touristischen Aufbau und dürfte in fünf bis zehn Jahren Santa Cruz sehr nahe kommen. Aber auch hier ist alles sehr freundlich. Jeder grüßt jeden, ob Tourist oder Einheimischer. Im Supermarkt spaziert ein kleiner Leguan über die Fliesen, in der Bäckerei treffen wir zwar keinen Bäcker an, dafür aber ein Huhn. Super: Der Kinderspielplatz am Strand.

Ein Muss auf Isabela ist die Vulkan-Tour: Zuerst geht es mit Pick-ups in höhere Regionen, dann mit Pferden in einer guten Stunde zum Kraterrand. Anschließend erwandern wir zu Fuß die Lavafelder. Isabel und Kilian bekommen jeweils ein eigenes Pferd und bewältigen die Tour ohne Probleme.

Wir schließen uns einer Touri-Gruppe vom Hotel San Vincente an und der Führer schleust uns ohne Nationalpark-Ticket durch die Kontrolle. 400 Dollar für 3 Erwachsene und 2 Kinder wäre dann schon etwas happig. Ein paar Tage vor der Abfahrt treffen wir mit „Luna“ wieder auf ein Boot mit Kind an Bord. Soleil, Kilian und Isabell genießen die zwei Tage und spielen fleissig miteinander. Wir verabreden uns auf Fatu Hiva. Die letzten Tage gehen wir noch bunkern. Allerdings ist das Angebot hier schon eingeschränkter als in Santa Cruz. Am 6. Juni lichten wir den Anker zu unserer längsten Etappe über offenes Meer. Geplante 20 Tage nur Meer, Meer und nochmal Meer.